Selbststudium

Auf dieser Seite finden Sie Erkenntnisse unserer und internationaler Forschung zur Begleitung von Menschen mit Todeswünschen.
Wir laden Sie ein, Ihr Wissen anhand praxisnaher Informationen in den folgenden acht Einheiten zum Selbststudium zu erweitern.
Sollten Sie darüber hinaus Ihr Wissen noch vertiefen wollen, empfehlen wir Ihnen folgende Literatur:
Buch „Palliativ & Todeswunsch“
Kapitel „Todeswunsch“ in der Erweiterten S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung (pdf)
CME-Artikel „Todeswünsche bei Palliativpatienten – Hintergründe und Handlungsempfehlungen“
In der Versorgung und Begleitung von schwer erkrankten oder alten Menschen am Lebensende begegnen uns Todeswünsche in vielen Formen. Sie können direkt oder indirekt geäußert werden und reichen in ihren Ausdrucksformen von Lebenssattheit bis zu akuter Suizidalität. Wichtig zu wissen: Oft besteht neben dem Todeswunsch gleichzeitig auch ein Lebenswille, beides schließt einander nicht aus. Im Verlauf der Erkrankung können sich Todeswünsche und Lebenswille in ihrer Bedeutung und in ihrem Verhältnis zueinander auch verändern.
Wer hat Todeswünsche? Wer äußert Todeswünsche?
Todeswünsche haben fast alle Menschen hin und wieder – vielleicht kennen Sie das auch von sich selbst. Menschen, die in absehbarer Zeit versterben werden (z.B. schwererkrankte Menschen – quer durch alle Diagnosegruppen und unabhängig vom Lebensalter – oder hochaltrige Menschen) haben sogar relativ häufig Todeswünsche. Diese äußern sie auch gegenüber Versorgenden oder An- und Zugehörigen – direkt oder indirekt. Nicht immer ist ein Todeswunsch sofort erkennbar.
Was steht hinter einem Todeswunsch?
Der Wunsch zu sterben ist zutiefst persönlich. Er kann individuell viele verschiedene Hintergründe, Funktionen und Bedeutungen haben. Damit werden viele Dimensionen des Mensch-Seins berührt, z.B. die soziale, spirituelle, körperliche, psychische, religiöse, kulturelle, ethnische oder sexuelle.
Weitere Informationen zum Phänomen Todeswunsch und dem Umgang damit finden Sie hier.
Eine Übersicht und Erläuterung dieser Hintergründe, Bedeutungen und Funktionen finden Sie in folgenden Videos:
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen - Klinische Relevanz
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen - Klinische Relevanz - Interview
Mögliche Todeswünsche erfragen
Die "S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung" empfiehlt, proaktiv Reflexionsgespräche über Leben und Sterben anzubieten. Dabei sollen besonders auch mögliche Äußerungen von Todeswünschen wahrgenommen und im Gespräch vertieft werden.
Offen und wertfrei im Gespräch
Gespräche über Todeswüsche sind immer individuell. Sie folgen keiner vorgegebenen Struktur, sollten aber nach einigen Grundsätzen gestaltet sein. Unser dafür entwickelter "Leitfaden zum Umgang mit Todeswünschen“ kann Sie dabei unterstützen, eine offene, bedürfnisorientierte und wertschätzende Kommunikation über Todeswünsche zu gestalten. Eine Haltung, die Ihrem Gegenüber nichts hilft wäre, wenn Sie ihn/sie von Todeswünschen abbringen wollen. Dies kann nur von ihm/ihr aus passieren - Sie geben den entspannten Reflexions-Rahmen dafür, damit dies passieren kann - aber nicht muss.
Beziehung gestalten
Todeswünsche beinhalten auch Beziehungswünsche. Stellen Sie im Gespräch bewusst die Gestaltung der Beziehung zu den Menschen mit Todeswünschen in den Vordergrund. Dies ermöglichen Sie, indem Sie Ihr Gegenüber dazu ermutigen, all seine oder ihre Gedanken und Gefühle nach eigenem Ermessen offen und angstfrei zu äußern. Dafür gilt es Raum und Zeit zur Verfügung zu stellen.
Wie könnte Ihre erste Reaktion auf einen geäußerten Todeswunsch konkret aussehen?
Auf diese Frage gibt es nicht die eine richtige Antwort. Wichtig ist vor allem, dass Sie verbal und nonverbal respektvoll, offen und interessiert reagieren (z. B. mit dem Satz „Wollen Sie mir dazu mehr erzählen?“). Achten Sie auch darauf, welche Reaktion Ihnen persönlich entspricht. Wählen Sie Ihre eigene Sprache und achten Sie auf die Reaktion Ihres Gegenübers. Lassen Sie sich und Ihrem Gesprächspartner oder Ihrer Gesprächspartnerin ausreichend Zeit und Raum, die passenden Worte zu finden. Das ist für beide Seiten nicht immer leicht. Halten Sie Blickkontakt und lassen Sie Pausen zu.
Es kann gut sein, dass Sie nicht auf Anhieb erfassen, was der Mensch mit Todeswunsch meint. Dann fragen Sie noch einmal nach! „Habe ich Sie da richtig verstanden, dass…?“ Das gibt Ihnen und Ihrem Gegenüber die Möglichkeit, Verständigung zu ermöglichen und Belastungen oder Bedürfnisse zu konkretisieren.
Die folgenden Gesprächstechniken sollen Ihnen einen ersten Eindruck vermitteln, wie Sie Gespräche über Todeswünsche gestalten können und Sie ermutigen, für Sie passende Worte zu finden. Nur Mut: Die Wege, wie Sie wertschätzend und gesprächsfördernd auf einen geäußerten Todeswunsch reagieren können, sind vielseitig.
Achten Sie darauf, nach dem Erleben Ihres Gegenübers zu fragen, ohne dieses Erleben dadurch infrage zu stellen.
Offene W-Fragen stellen (Was, Wie, Wo, Wann, Wozu): Respektvolle Erfragung von Hintergründen und Funktionen der Aussage
Beispiel
Eine Übersicht und Erläuterung dieser Maßnahmen finden Sie in folgenden Videos:
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen - Gespräche mit Patienten
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen - Gespräche mit Patienten – Interview
Gesprächsbereitschaft signalisieren:
In vielen Fällen gehen sie bereits angemessen mit Todeswünschen um, wenn sie sie wahrnehmen und möglichst unmittelbar Gesprächsbereitschaft und Aufmerksamkeit signalisieren. Viele Menschen äußern Todeswünsche immer dann, wenn sie ihr Leid, ihre Einschränkungen und ihre Verluste besonders stark spüren. Dann sind sie belastet durch Ängste und Sorge darüber, was im weiteren Krankheitsverlauf und im Sterben auf sie zukommen mag. Klärende Gespräche mit adäquaten Informationen können hier entlasten.
Therapien ablehnen
Viele Menschen mit Todeswünschen erleben es bereits als entlastend, darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, dass sie Therapievorschläge ablehnen dürfen und lebensverlängernde Maßnahmen nicht begonnen werden müssen oder auch beendet werden dürfen. Jede medizinische Maßnahme bedarf unserer Zustimmung (Patientenwille) und wäre ohne diese Körperverletzung.
Leidenslindernde Maßnahmen der Palliativmedizin
Nicht jeder geäußerte Todeswunsch ist ein Ausdruck akuter Suizidalität. Dennoch können Gespräche über Todeswünsche suizidalen Gedanken vorbeugen, in dem sie in einem geschützten Rahmen ausgesprochen werden dürfen. Neben den offenen Gesprächen gehören zur Suizidprävention auch leidenslindernde Maßnahmen wie eine optimale Symptomlinderung (z. B. Schmerz, Atemnot, Übelkeit) sowie nach Möglichkeit das Bereitstellen sozialer Unterstützung und die Behandlung von Depressivität, Demoralisierung und Hoffnungslosigkeit.
Palliativmedizinische Sedierungsbehandlung
Todeswünsche können auch Ausdruck eines subjektiv als unerträglich empfunden Leids sein. Die gilt es im Gespräch zu klären. Hier kann eine Indikation für eine palliativmedizinische Behandlung mit sedierenden (z. B. beruhigenden Medikamenten, die das Bewusstsein reduzieren) Medikamenten zur Leidenslinderung bestehen. Die Indikation für die Sedierung und das notwendige Aufklärungs- und Informationsgespräch muss von palliativmedizinisch qualifizierten Ärztinnen oder Ärzten geleistet werden. Handlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zum Einsatz sedierender Medikamente können Sie hier abrufen.
ACHTUNG: Die Sedierungsbehandlung ist eine palliativmedizinische Behandlung zur Symptomlinderung. Sie hat das Therapieziel der Leidenslinderung und nicht der Lebensverkürzung. Für die Entscheidung und Indikationsstellung kann ein ethisches Fallgespräch nötig sein. Im Gespräch über Todeswünsche muss diese Unterscheidung deutlich gemacht werden, um einen missbräuchlichen Einsatz der Sedierung zu vermeiden. Es handelt sich hierbei weder um eine Maßnahme zur Suizidassistenz noch zur (verbotenen) Tötung auf Verlangen.
Dazu sollten Sie weitere Maßnahmen kennen, wie etwa…
… Psychiatrische oder psychotherapeutische Expertise nutzen:
Scheuen Sie sich nicht, bei Bedarf Fachleute aus den Bereichen Psychiatrie oder Psychotherapie hinzuzuziehen. Dies ist nur angemessen und hilft sowohl Ihnen als auch dem Menschen mit Todeswunsch. Auch bei schwerer Erkrankung und nahem Lebensende gibt es kurzfristig wirksame psychotherapeutische Angebote. Das Würdezentrierte Interview nach Chochinov oder die CALM-Therapie (Managing Cancer and Living Meaningfully) nach Rodin können dabei helfen, empfundenem Würdeverlust oder dem Gefühl, zur Last zu fallen, entgegenzuwirken.
…Fallbezogene Ethikberatung:
Stehen Sie und/oder Betroffene mit Todeswunsch vor schwierigen ethischen Fragen, kann eine fallbezogene Ethikberatung helfen, wieder mehr Klarheit zu gewinnen.
Freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken:
Natürlich darf jeder freiwillig auf Essen und Trinken verzichten. Mit fortschreitender Krankheit verspüren wir immer weniger Hunger und Durst, sodass dies sogar ein „natürlicher“ Mechanismus ist. Wenn er vor dieser Zeit von der Patientin oder dem Patienten begonnen wird, kann es lebensverkürzend wirken, jedoch auch mit deutlichen Symptomen einhergehen. Eine gründliche Beratung der Menschen mit Wunsch nach freiwilligem Verzicht auf Essen und Trinken ist notwendig. Hierzu gibt es auch hilfreiche Hinweise in der Broschüre der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (pdf).
Suizidassistenz:
Laut Bundesverfassungsgericht darf diese Option niemandem verwehrt werden, und es bestehen in Deutschland dazu ganz legale Möglichkeiten. Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Palliativ- oder Hospizarbeit, dies auch anzubieten – darüber reden jedoch sollte immer möglich sein.
Eine Übersicht und Erläuterung dieser Gesprächsaspekte finden Sie in folgenden Videos:
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen - Gespräche mit Patienten
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen – Gespräche mit Patienten – Interview
Verboten: Tötung auf Verlagen
In Deutschland ist die Tötung auf Verlangen (Tatherrschaft bei der Ärztin oder dem Arzt) laut §216 des Strafgesetzbuches (StGB) verboten.
Straffrei: Selbsttötung und Beihilfe zur Selbsttötung
2020 beschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG): Die Suizidassistenz („Beihilfe zur Selbsttötung“: Bei der Selbsttötung liegt die sogenannte Tatherrschaft allein beim sterbewilligen Menschen) ist keine Straftat. Bis 2015-2020 war eine geschäftsmäßig angebotene Suizidassistenz durch den bis dahin geltenden §217 StGB verboten. Heute gilt: Die Hilfe bei einem selbstbestimmtem Sterben durch Suizid muss dann straffrei sein, wenn der Wunsch zur Selbsttötung einem freien Willen folgt.
Keine Verpflichtung zur Suizidassistenz
Niemand darf zur Suizidassistenz genötigt oder gar gezwungen werden. Neben dem Wunsch auf ein selbstbestimmtes Sterben durch einen assistierten Suizid gibt es gleichzeitig das Recht, Suizidassistenz abzulehnen. Dass bedeutet allerdings nicht, Gespräche über den hinter dem Suizidwunsch liegenden Todeswunsch zu verweigern.
Eine Übersicht und Erläuterung dieser Maßnahmen finden Sie in folgenden Videos:
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen - Rechtliche Rahmenbedingungen
Palliativ & Umgang mit Todeswünschen – Rechtliche Rahmenbedingungen – Interview
Gehen Sie in ein Gespräch über Todeswünsche, so sollten Sie eine offene, respektvolle und absichtslose Haltung für Ihr Gegenüber mitbringen. Ziel ist es weder, einem Menschen den Wunsch nach vorzeitigem Versterben - z .B. durch Suizidassistenz - unhinterfragt zu gewähren, noch ihr oder ihm solche Wünsche in jedem Fall auszureden oder zu verbieten.
Die Begleitung von Menschen mit Todeswünschen bedeutet in der Regel die Auseinandersetzung mit einem komplexen Geflecht an persönlichen und kollektiven Werten und Normen, wie in der folgenden Grafik dargestellt.
Um unsere eigene Haltung zu reflektieren und eine eigene Position zu finden, bietet sich der hier verlinkte Artikel zur „Zwei-Hände-Methode“ an. Bei der Begleitung von Menschen mit Todeswünschen hilft es Ihnen daher, sich selbst gut zu kennen und die eigenen Reaktionen und Bedürfnisse aufmerksam im Blick zu behalten. Das gilt insbesondere für diese drei Ebenen:
Haltung: Kennen, weiterentwickeln, zum Ausdruck bringen
Es ist wichtig, dass Sie Ihre eigene Haltung kennen, weiterentwickeln und sensibel zum Ausdruck bringen können.
Emotionen: Bemerken, ernstnehmen, unterscheiden
Es ist wichtig, dass Sie sich eigene Emotionen zugestehen, diese ernst nehmen und von den Emotionen, die Sie bei anderen erleben, unterscheiden.
Selbstschutz: Fähigkeiten und Bereitschaft abwägen, auf Vulnerabilität und Entlastung achten
Es ist wichtig, dass Sie realistisch abschätzen, wie weit Ihre Kompetenzen und Kräfte in der Begleitung reichen, eigene Verwundbarkeiten ernst nehmen und auf Entlastung achten.
Den Anderen verstehen
Ambivalenzen aushalten
Nicht immer wird Ihre Haltung mit den Wünschen der Menschen mit Todeswünschen übereinstimmen oder vereinbar sein. Dann sind Sie gefordert, solche Ambivalenzen auszuhalten.
Unterschiedliches Erleben akzeptieren
Zum Verstehen der oder des Anderen gehört Akzeptanz dafür, dass das Ausmaß, wie Leid erlebt wird, von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann. So können etwa Betroffene und ihre Zugehörigen Situationen unterschiedlich wahrnehmen.
Widersprüchliche Aussagen als individuellen Umgang erkennen
Auch sich vermeintlich widersprechende Äußerungen (z. B. Todeswunsch und gleichzeitiger Lebenswille) sind möglicher Teil des individuellen Umgangs mit der Erkrankung.
Eigenes Nicht-Verstehen akzeptieren
Manchmal müssen Sie auch akzeptieren, dass Sie den Todeswunsch in einem konkreten Fall nicht nachvollziehen können.
Selbstreflexion
Zwischen emotionaler Bereicherung und Überlastung
Gespräche über Todeswünsche können eine emotional bereichernde und tiefe Erfahrung sein. Sie können aber auch be- oder sogar überlasten.
Persönliche seelische Verfassung und eigene Ängste ernst nehmen
Für Gespräche über Tod und Sterben und damit auch über Todeswünsche sollten Sie bewusst auf die eigene seelische, emotionale und psychische Verfassung achten. Das setzt Wissen darüber voraus, dass die Beschäftigung mit dem Tod anderer die eigene Endlichkeit bewusst machen und eigene Vorstellungen, Wünsche aber auch Ängste bezüglich des eigenen Sterbens und des eigenen Tods wachrufen kann. Darauf sollten Sie vorbereitet sein und sich grundsätzlich mit diesen Fragen persönlich auseinandersetzen und sich diesbezüglich gut kennen. Das hilft die eigenen Grenzen zu kennen und lässt Sie für Gespräche über Todeswünsche diesbezüglich vorbereitet sein.
Realistische Selbsteinschätzung, Überforderung eingestehen
Darum ist es wichtig, dass Sie Ihre die persönliche und professionelle Eignung realistisch einschätzen. Wenn Sie zu dem Schluss kommen, sich aus überfordernden Situationen herauszunehmen, bedeutet das folglich nicht, dass Sie den Menschen mit Todeswunsch „aufgeben“. Im Gegenteil: Auch das kann eine verantwortungsvolle und selbstreflektierte Entscheidung sein.
Entlastung finden: Überweisung in kollegiales Netzwerk, kollegiale Beratung, Supervision
In solchen Fällen ist es wichtig, dass Sie über ein kollegiales Netzwerk verfügen, welches entsprechende Fälle auffangen kann. Im kollegialen Austausch eines gut vernetzten Teams kann so die Versorgungskontinuität sichergestellt werden: „Wenn ich nicht mehr kann, dann kann jemand anderes weitermachen – und ich weiß vorher, wer das ist.“ Auch ich selbst als haupt- oder ehrenamtlicher Mitarbeiter oder Mitarbeiterin kann durch meine Kolleginnen und Kollegen Entlastung finden, ebenso wie beispielsweise durch externe Supervision.
Mit Blick auf die Angehörigen von Menschen mit Todeswünschen ist es sinnvoll, verschiedene Perspektiven zu unterscheiden:
- Angehörige in der Beziehung zu den Betroffenen
- Angehörige in der Beziehung zu Versorgenden
- Angehörige in der Beziehung zu sich selbst
- Angehörige in der Beziehung untereinander (z. B. in Familienstrukturen)
- Angehörige als Versorgende
- Angehörige als von der Palliativsituation unmittelbar Betroffene (z. B. als Trauernde)
Das Erleben von Angehörigen in der Begleitung von Menschen mit Todeswünschen ist komplex. Sie können
| Versorgende haben auch eine Verantwortung gegenüber Angehörigen.
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In einer Befragung im Rahmen unseres Forschungsprojektes betonen Angehörige, dass ihre Perspektive in zwei verschiedenen Beziehungen betrachtet werden muss: der Beziehung mit der Patientin oder dem Patienten und der Beziehung zu deren Versorgenden.
Beziehung zwischen Angehörigen und Patientinnen und Patienten
Das Aufkommen eines Todeswunsches wirkt sich grundsätzlich auf die Beziehung zwischen Angehörigen und Patientinnen und Patienten und Versorgenden aus. Zunächst ist es wichtig zu reflektieren, bei wem ein Todeswunsch vorliegt: Sind es die Betroffenen, die nicht mehr leben möchten? Sind es vielleicht Angehörige, die sich wünschen, dass das Leid - das der Betroffenen, ihr eigenes Leid oder auch das Leid im Familiensystem - endlich ein Ende hat? Oder sind es die Angehörigen möglicherweise selbst, die einen Todeswunsch entwickeln?
Unterstützung einfordern!
Angehörige sollten sich nicht scheuen, Unterstützung bei den Versorgenden einzufordern. Wichtig zu wissen: Nicht nur bei Betroffenen, auch bei Ihnen als Angehöriger oder Angehörigem kann ein Leidensdruck bestehen, der einen Anspruch auf Unterstützung begründet. Dieser Unterstützungsbedarf kann grundsätzlich bei Angehörigen in der Palliativsituation vorliegen. Durch einen Todeswunsch wird er möglicherweise nur noch verstärkt.
Beziehung zwischen Angehörigen und Versorgenden
Angehörige sind oft eine wertvolle Ressource und leisten einen wichtigen Beitrag zur bestmöglichen Versorgung der Menschen mit Todeswünschen.
Gegenseitige Aufklärung
Die Beziehung zwischen Angehörigen und Versorgenden kann unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Aufklärung betrachtet werden. Die Angehörigen sind in der Regel sehr vertraut mit Person und Biografie der Betroffenen und können Auskunft geben, die für die Versorgung relevant sein kann. Andersherum können Versorgende die Angehörigen über Besonderheiten der Versorgung in Kenntnis setzen und Therapien erklären sowie Diagnosen und Prognosen mitteilen.
Eigene Mitbetroffenheit mitdenken
Aufgrund der bereits erwähnten Mitbetroffenheit von Angehörigen ist es wichtig, hier angemessen zu ermutigen, den Umgang mit Emotionen zu lernen (z. B. alle Emotionen als „erlaubt“ wahrzunehmen), Akzeptanz zu signalisieren und Möglichkeiten zur Entlastung zu geben.
Versorgungsauftrag gilt auch für belastete Angehörige
Haben Angehörige selbst einen Todeswunsch bis hin zu Suizidalität ausgebildet, gibt es hier einen weiteren Versorgungsauftrag, der zu beachten ist. Sprechen Sie mit den Angehörigen (z. B. Erkundigung nach vorliegender Depressivität) und verweisen Sie im Zweifelsfall an psychiatrische Expertise.
Materialien für Angehörige
Selbst, wenn Todeswünsche nicht im Vordergrund stehen, ist die Begleitung eines sterbenden Angehörigen eine herausfordernde Zeit. Viele Fragen stellen sich dabei oft zum ersten Mal: Was bedeutet eigentlich „palliativ“? Wie verläuft der Sterbeprozess? Wann tritt der Tod ein? An wen kann ich mich in meiner Trauer wenden?
Verschiedene Institutionen und Arbeitsgruppen haben zu diesen und anderen Fragen Handreichungen und Materialen entwickelt, die unter den folgenden Links abgerufen werden können:
- Patientenleitlinie Palliativmedizin
- Buch "Palliativ ... und jetzt?"
- "Blaue Ratgeber" der Krebshilfe für Angehörige
- Angebote von alpha NRW: Adressen der Palliativ- und Hospizversorgung
- Broschüre "Die letzten Wochen und Tage"
- Verzeichnis deutscher Trauergruppen
- Selbsthilfeverein für Angehörige bei Suizid
- Broschüre "Zuhause bis zum Schluss"
Die ehrenamtliche Hospizbegleitung steht in engster Verbindung zur hauptamtlichen Palliativversorgung.
Nahtstelle zwischen Betroffenen und Versorgenden
In einer Befragung im Rahmen unseres Forschungsprojektes beschrieben ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter ihre Rolle als „Nahtstelle“: Einerseits sind sie nicht Teil bereits lang bestehender familiärer Beziehungsgefüge mit Patientinnen und Patienten , genießen aber oft ein großes Vertrauen. Andererseits sind sie oftmals näher am Alltag der Patientinnen und Patienten als Pflegepersonal oder Ärztinnen und Ärzte.
Hospizbegleiterinnen und -begleiter verfolgen keinen therapeutischen Auftrag. Sie begleiten absichtslos und sind für die Betroffenen und ihre Familien da.
Todeswünsche erfragen im Ehrenamt
In der Regel haben Hospizbegleiterinnen und -begleiter Zeit. Sie können den persönlichen Kontakt zu Patientinnen und Patienten über mehrere Wochen, Monate oder sogar Jahre hinweg aufbauen. Diese Zeit können sie nutzen, um mit Patientinnen und Patienten über den nahenden Tod zu und ggf. über bestehende Todeswünsche zu sprechen.
Vorbereitende Fragen auf Gespräche zu Todeswünschen
Auch ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter können sehr von Fortbildungen zum Umgang mit Todeswünschen profitieren, die eine umfassende Vermittlung von Wissen zu Hintergründen, Reflexion der eigenen Haltung und Übung von Kommunikationsfertigkeiten beinhalten. Als eine erste Anregung können sich ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter jedoch auch schon mit den Fragen dieser Website auseinandersetzen, bevor sie die Menschen, die sie begleiten, auf Todeswünsche ansprechen.
Zusammen mit sich verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen verändert sich auch die öffentliche Debatte um die richtige Begleitung von Menschen mit Todeswünschen. Es gilt, sich hier auf verschiedenen Ebenen zu positionieren, wie sie in der folgenden Grafik abgebildet sind.
Gerade auf der Ebene der Organisationen und Teams erleben wir ein großes Bedürfnis und damit auch eine erfreuliche Bereitschaft, sich zum Thema „Begleitung von Menschen mit Todeswünschen“ auszutauschen und gemeinsame und einzelne Haltungen zu reflektieren. Wie kann so ein Prozess begonnen und strukturiert werden?
Hierzu hat der Deutsche Hospiz- und Palliativverband ein Dialogpapier verfasst, welches diesen Prozess praxisnah an Beispielen erläutert. Schauen Sie doch mal rein!